Unsere ARS-Zeit geht zu Ende. Über uns lärmt gerade ein Prix-Gewinner elektronische „Musik" (der erste Teil des Konzerts war zweifellos besser) und wir sitzen im weitläufigen WLan-Bereich des Brücknerhauses (bei Plazes) und entwöhnen uns wieder von der Rechnerfreiheit.
Wie war die ARS Electronica?
Sie was sehr gut. Viel sehr interessantes zu sehen — tolle Experimente und Ideen in einer schönen Atmosphäre. Linz hat mich sehr angenehm überrascht — es ist viel los in der großen Altstadt. Viel Leben und viele Geschäften, genug Parkplätze und eine gute Autobahnanbindung.
Und wo ist die Simplicity hin?
Heute habe ich diese Frage für mich beantwortet und musste dabei an diese eMail denken, die ich gestern bekam:
> ich ärgere mich jetzt schon seit zwei tagen, dass ich nicht hingefahren bin.
> so ein thema mit der einfachheit kommt so schnell nicht wieder.
Solltet ihr auch so denken, kann ich euch beruhigen: In Sachen Simplicity habt ihr nichts verpasst, das ihr nicht nachhören oder nachlesen könntet. Ich finde sogar, dass Titelthema hätte auch jedes andere sein können.
Und damit meine ich nicht, dass wir an unserem ersten Tag in St. Florian zwei Extrafahrten machen mussten um nicht nur Tages- sondern Festivalkarten zu kaufen. Und auch nicht die unusable Minikarte aus dem Programmheft. Beides und ähnliche Kleinigkeiten sollten dringend optimiert werden — erst Recht bei solch einem Titelthema –, sind aber vor dem Hintergrund einer sonst sehr guten Organisation zu ignorieren.
Aber wo als bei diesen kleinen Ärgernissen ist einem die Simplicity sonst aufgefallen?
Mir fällt nur eines ein: Maedas Buchvorstellung. Diese 30 Minuten umfassten das einzige konzentrierte Reden über Simplicity: Ideen, Lösungsansätze, Beispiele.
Alle anderen Gesprächs-Veranstaltungen (insb. während des St.-Florian-Freitags gelegen) haben sich dagegen über Gott und die Welt unterhalten — und das ist wörtlich zu verstehen. Es waren meist sehr ungerichtete Gesprächsrunden, die immer wieder das Simplicity-Thema bemühten, nie jedoch wirklich etwas Neues dazu sagten.
Ständig hieß es beispielsweise (zu Recht), dass Simplicity ja kein Allheilmittel sei und nicht mit Simplistic verwechselt werden dürfe. Schließlich müsse ja der Spaß, die Motivation, die Freude an der Bedienung berücksichtigt werden, die natürlich einer gewissen Komplexität bedarf…
Niemand hat jedoch versucht, die Begriffe wirklich gegeneinander abzugrenzen, miteinander in Verbindung zu bringen oder mit Beispielen zu füllen.
Nirgendwo gab es eine kollaborative Mindmap auf der man sich gemeinsam und versuchweise dem Titelthema nähert.
Keines der vielen Exponate in den vielen Häusern der ARS konnte ich direkt mit ‚Simplicity' in Beziehung bringen…
Ich möchte keine fertigen Glaubens-Pakete (um in Konstantins Terminologie zu bleiben) — aber klar formulierte, definierte und visualisierte Aussagen der Redner über das, was Thema ist, wären schön gewesen…
Kurz gesagt: In Sachen Simplicity hat die ARS Electronica mich nicht weitergebracht.
Löst man sich jedoch von diesem Motto, bleiben eine sehr große Zahl sehr interessanter Installationen, Projekte, Vorstellungen und Menschen — hierfür hat sich der Besuch in jedem Fall gelohnt!
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